Narzissten sind oft die besten Führungskräfte
Narzissmus gilt für Führungskräfte meist als suspekt und riskant – oft durchaus zurecht. Prof. Dr. Wolfgang Schneider differenziert jedoch zwischen drei Typen: destruktive, abgewehrt-passive und konstruktive Narzissmus-Tendenzen. Letzterer „Führungsstil zeichnet sich insgesamt durch eine Aufgaben- und Mitarbeiterorientierung aus,“ berichtet der Psychologe im Reader ´Persönlichkeit und Führungsverantwortung´.
Ein konstruktiv narzisstischer Führungsstil basiert auf Selbstvertrauen und setzt auf Motivierung. „Die Gratifikationsangebote sind vielgestaltig, nachvollziehbar, transparent. Kommunikationsprozesse werden durch die sozial-kommunikative Kompetenz der Führungskraft angeschoben und fördern ein offenes Kommunikationsklima. Die Standards von Fairness, Gerechtigkeit und einer Werteorientierung nehmen in der Organisation einen breiten Raum ein und unterstützen so die Identifikationsprozesse der Mitarbeiter sowie der Kunden. Die Kompetenz der Führungskraft zu einem angemessenen und transparenten Feedback fördert Entwicklungsprozesse …“
Demgegenüber agiert der destruktiv-narzisstische Typ jedoch in einer Spannung zwischen Grandiosität und massiven Minderwertigkeitsgefühlen. Er ist wenig empathisch, dominiert, kontrolliert und entwertet MitarbeiterInnen. Er hält sie „klein“, ist oft ungerecht und unkalkulierbar. Er verbreitet Unsicherheit, Angst, Zurückhaltung, Desintegration, Demotivation.
Auch „der abgewehrte narzisstische Typus wird durch Minderwertigkeitsgefühle, Ängstlichkeit, Unsicherheit und Kränkbarkeit charakterisiert. Die aktiven narzisstischen Eigenschaften werden abgewehrt, und es dominiert stattdessen ein übersteuertes und vorsichtiges Verhalten. Wichtig ist vor allem, nicht in der eigenen Insuffizienz entlarvt zu werden. Dafür werden ´politische´ und interaktionelle Konstellationen aktiv gefördert, die vorrangig dem Schutz vor Entdeckung des eigenen Minderwertigkeitsgefühls dienen.“ Die Zurückhaltung ist taktierend, berechnend, langweilig und demotivierend. Elf Psychologen erläutern im Reader aus unterschiedlichen Perspektiven: Welche Persönlichkeitseigenschaften wirken wie in Führungsverantwortung?
Persönlichkeit und Führungsverantwortung – Konkretionen des Sozialen
Hildemann, K.D. (Hrsg.)
Pabst, 178 Seiten