Arbeitspsychologie: Die Leistungsfähigkeit und Innovationsbereitschaft der älteren Generation realistisch einschätzen

Die häufige Unterschätzung bzw. Diskriminierung von Älteren im Arbeitsleben schadet nicht nur den Betroffenen, sondern auch der Produktivität der Wirtschaft. Die Leistungskraft von Älteren wird in vielen Unternehmen weder gefördert noch genutzt. Altersbashing (z.B. „weiße, alte Männer“) ist in Mode. Die Arbeitsgruppe um Prof. Dr. Karlheinz Sonntag klärt in ihrem Standardwerk Arbeit, Gesundheit, Erfolg entscheidende Irrtümer auf.
Die AutorInnen räumen ein: „Die kognitiven Fähigkeiten verändern sich mit dem Alter. So benötigen Ältere mehr Zeit bei der Verarbeitung von Informationen, und es fällt ihnen schwerer, sich auf relevante Informationen zu konzentrieren. Allerdings belegen Studien vergleichbare Testleistungen von älteren und jüngeren Teilnehmern. Jüngere können auch durchschnittlich schlechtere Leistungen, beispielsweise beim Wiedererkennen von Informationen, zeigen als Ältere. Dies kann daran liegen, dass mit dem Alter auch mehr Erfahrungen und Erkenntnisse einhergehen, die kognitive Defizite ausgleichen, indem z.B. die Aufmerksamkeit gezielter auf eine Aufgabe gerichtet wird…
Betrachtet man psychologische und gesundheitliche Variablen, zeigen sich verminderte Depressionen bei Älteren sowie eine erhöhte Arbeitszufriedenheit und höheres Commitment (Bindung) zur Organisation als bei jüngeren Mitarbeitern. Die Expertise, also die vermehrte Berufs- und Lebenserfahrung bei älteren Mitarbeitern, kann dazu führen, dass sie durch gute Bewältigungsstrategien besser mit Stressoren umgehen.“ Unfälle, vorzeitiges Ausscheiden, Häufigkeit der Fehlzeiten werden seltener mit zunehmendem Alter.
Insgesamt „kann nicht vom Absinken elementarer sensorischer, motorischer und kognitiver Funktionen auf einen generellen Abfall der beruflichen Leistung geschlossen werden, insbesondere dann nicht, wenn die berufliche Leistung durch Erfahrungen bestimmt ist. Wenn sich verringerte produktive Potenziale finden lassen, besteht häufig ein Zusammenhang mit einer unzureichenden Gestaltung der Arbeit, so dass von arbeitsinduziertem Altern gesprochen werden kann.“
Die Autoren widerlegen häufige Stereotype, z.B. „dass ältere Mitarbeiter neue Ansätze oder neue Technologien vermeiden wollen. Ganz im Gegenteil wird ein steigendes Interesse z.B. am Internet von Personen ab 50 Jahren verzeichnet. Es zeigt sich, dass ältere Mitarbeiter Innovationen gerne annehmen, wenn diese an ihr bisheriges Wissen anknüpfen, selbstgesteuertes Lernen ermöglichen und Gelegenheiten zum Üben bieten …“
Allerdings werden auch gutwillige Ältere eine Innovation nicht vorwärts treiben, wenn sie an den Rand gedrängt werden …

Arbeit – Gesundheit – Erfolg
Betriebliches Gesundheitsmanagement auf dem Prüfstand: Das Projekt BiG
Karlheinz Sonntag, Ralf Stegmaier, Ursula Spellenberg (Hrsg.)
Asanger Verlag