NEW TECHNOLOGIES IN PSYCHOLOGICAL ASSESSMENT
In den letzten beiden Jahrzehnten haben disruptive technologische Fortschritte dazu geführt, dass ganz unterschiedliche Daten zum menschlichen Erleben und Verhalten in ungeahntem Ausmaß erfasst werden können. Pro Tag werden geschätzte 2,5 Trillionen (18 Nullen!) Bytes im Internet produziert. Unter diesen Daten sind sog. Digital Footprints (z. B. Likes, Klickverläufe etc.), Texte, Fotos und Videos, die Nutzer:innen zumeist in sozialen Medien generieren und die mit Personenmerkmalen in Beziehung gesetzt werden können. Die Miniaturisierung und Entwicklung von Sensoren in Kombination mit der allgegenwärtigen Verbreitung von Smartphones, Smartwatches und anderer Wearables eröffnen ganz neue Möglichkeiten, um im Alltag von Menschen kontinuierlich Verhaltensdaten (z. B. Bewegung, Nutzung von Apps, Kommunikation) und biologische Parameter (z. B. Herzfrequenz, Herzratenvariabilität, Schlafqualität) zu erfassen. Diese Verhaltensdaten können auch mit Daten aus Fragebögen zur Selbsteinschätzung, die ebenfalls mehrfach im Alltag erhoben werden können (sog. Experience Sampling), verknüpft werden. Virtual-, Augmented- und Mixed Reality-Technologien ermöglichen die Simulation von immersiven Umgebungen, die zunehmend in der psychologischen Forschung und Anwendung eingesetzt werden (z. B. zur Diagnostik von sozialen Kompetenzen, Stress, Risikobereitschaft, Person-Situation Relationen) und auch die zusätzliche Erfassung von Blickbewegungen ermöglichen.
Auf dem 52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie in Hildesheim werden in insgesamt 119 Beiträgen die Chancen und Risiken dieser neuen Technologien für die Psychologische Diagnostik präsentiert und diskutiert. Zu den Chancen zählen eine differenziertere, kontextualisiertere und umfassendere Messung und Diagnostik von Erleben, Verhalten und biologischen Parametern im Alltag und im Labor. Die hierdurch gewonnenen Informationen können z. B. auch genutzt werden, um personalisierte und maßgeschneiderte Maßnahmen im Bereich der Gesundheitsförderung, Therapie und Persönlichkeitsentwicklung zu planen, zu überwachen und zu evaluieren. Zu den Risiken zählen noch ungeklärte Fragen zur Reliabilität und Validität der durch neue digitale Technologien generierten Daten. Weiterhin müssen insbesondere ethische und datenschutzbezogene Herausforderungen bewältigt werden, um die Gefahr einzudämmen, dass Daten missbraucht werden, um kommerzielle und machtpolitische Interessen ohne Wissen der Betroffenen manipulativ durchzusetzen.
52. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
52nd Congress of the German Psychological Society
Bermeitinger, Christina & Greve, Werner (Hrsg.)
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