Personalauswahl und Coaching mit Legosteinen oder anderem Unfug

Für Personalauswahl und  Coaching stehen psychologisch-wissenschaftlich fundierte Methoden und Tests zur Verfügung. Dennoch bevorzugt ein großer Teil der Personalprofis mangels Fachkenntnis unsichere oder unsinnige Verfahren. Der Wirtschaftspsychologe Professor Dr. Uwe Kanning (Osnabrück) analysiert sie in seiner aktuellen Monografie „Wider alle Vernunft“ und betont: „Langjährige Lebenserfahrung kann wissenschaftlich begründetes Knowhow nicht ersetzen.“

„Peer-Recruitment“ wirkt modern und basisdemokratisch: Die künftigen KollegInnen sollen über die Bewerbung entscheiden – und verfolgen dabei u.U. ihre eigenen Interessen, Sympathien oder Antipathien. Ein neutraler Abgleich zwischen Bewerberprofil und Anforderungsprofil findet kaum statt – es sei denn, ein qualifizierter Arbeitspsychologe stellt Diagnosen und moderiert das Verfahren. Es kann also – mit Einschränkungen oder fachlicher Supervision – plausibel sein.

Absurd ist jedoch für Kanning eine Personalauswahl anhand von Bauklötzchen. Lego liegt in diesem Spiel vorn, „nicht nur weil die Spielelemente sehr vielfältig sind, sondern auch, weil das Unternehmen unter dem Label ´Lego Serious Play´ eigene Editionen zum Einsatz in der Personalarbeit anbietet. Mehr noch, wer nichts Besseres zu tun hat, kann sich hier sogar zu einer Art ´Lego-Coach´ausbilden lassen… Der Einsatz in der Personalauswahl ist schlichtweg Unfug.“

Ähnlich wertet Kanning das Angebot einer Analyse von Geburtsdaten – möglichst mit Hilfe eines Computerprogramms (´Personality Check´). „Geht man ernsthaft davon aus. dass sich im Geburtsdatum die Persönlichkeit spiegelt, dann gäbe es 365 Persönlichkeitstypen. Menschen, die am gleichen Jahrestag geboren sind, müssten einander ähnlich sein. Die Ergebnisse der Forschung zu ´Zeitzwillingen´ widerlegen diese Erwartung.“

Das Enneagramm, auf der Basis einer Lehre der neun Persönlichkeitstypen, besitzt eine lange Tradition und wird seit Jahren mit maximalem Erfolg vermarktet. Kanning identifiziert wesentliche Widersprüche – nicht nur zum Stand der psychologischen Wissenschaft, sondern auch innerhalb der Lehre selbst. 

Jeweils gründlich und kritisch bis ablehnend analysiert der Wissenschaftler die vehement vermarkteten Verfahren Symbolon-Coaching, Sprachanalyse, Analyse der Körpersprache über Künstliche Intelligenz, Microexpressions, Transaktionsanalyse, Entwicklungsstufen nach Graves, Timeline, Neue Russische Methoden, Lichtsprache, Spirit of Energy, The Work, Dirigieren, Organisationsaufstellung, Coaching mit Tieren, Quantenphysikalische Unternehmensberatung… 

Wider alle Vernunft
Coaching und HR-Management auf Abwegen
Kanning, Uwe Peter
Pabst, 348 Seiten

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