Evolutionspsychologie: Warum Frauen sich mehr für Sozialberufe und Männer mehr für Technik interessieren

Junge Frauen bevorzugen mehrheitlich Berufe in der Medizin, der Pflege, der Pädagogik, der Sozialarbeit – und seltener in naturwissenschaftlich-technischen Bereichen oder im Management. Die Berufswahl entspricht passgenau den evolutionär geprägten Motiven und Begabungen. Daher ergibt es keinen Sinn, Frauen für eher „männliche“ Berufsrollen gewinnen und für das Spitzenmanagement protegieren zu wollen. Diese Folgerung ziehen PsychologInnen aus evidenzbasierten Forschungsergebnissen im Reader „Geschlecht und Verhalten aus evolutionärer Perspektive“.

Die AutorInnen ziehen Linien von prähistorischen Sammlerinnen und Jägern zu modernen Rollenbildern: Die Sammlerin bewegte sich im Nahbereich ihrer Kinder und sorgte für eine möglichst komfortable soziale Umwelt, die den Kindern guttat. Der Mann agierte als Jäger und entwickelte Waffen; seine Risikobereitschaft und sein Jagderfolg machten ihn für Frauen attraktiv – zur Existenzsicherung und als Schutz. Damit erhöhte er seinen Reproduktionserfolg. So trivial und altbacken die Hinweise klingen mögen, sie bieten die bestbegründete Erklärung für überwiegend weibliches Interesse an Menschen und männliches Interesse an Sachen bzw. Erfolgen.

Daher haben Erfolg und Status für Mann und Frau eine jeweils unterschiedliche Relevanz: Es überrascht kaum, „dass etwa vier Fünftel der Führungskräfte in der deutschen Wirtschaft Männer sind. In allen Kulturen wählen Frauen ihren Partner auch nach dessen sozialem und beruflichem Status – Männer umgekehrt nicht. Würde gefragt, welches Geschlecht eher danach strebt, in Führungspositionen zu gelangen, und welches Geschlecht letztlich häufiger in diesen Positionen vorzufinden ist, würde man sachlich nüchtern kaum umhinkommen, das Muster vorherzusagen, das tatsächlich dann auch zu finden ist.“ 

Da die Evolution als Wechselspiel zwischen Biologie und Kultur nicht vorhersagbar ist, lässt sich kaum vorhersagen, wer sich wann wie und warum ändern wird.

Ein meist unterschätzter Geschlechtsunterschied liegt nach Auffassung der AutorInnen in der Ausprägung der Varianz: Bereits im Kindergartenalter sind die Unterschiede in Kognition und Verhalten zwischen den Jungen messbar größer als zwischen den Mädchen. Die Weltgeschichte kennt auf der männlichen Seite daher eine große Zahl an Extremen – Geistesgrößen, Irre, Massenmörder; auf der weiblichen Seite sind Extreme rar. Liegt die Ursache nur in den Geschlechtschromosomen, also XX bei Frauen und XY bei Männern?

Geschlecht und Verhalten aus evolutionärer Perspektive
Die Psychogenese der Menschheit
Band VI
Schwender, Clemens; Schwarz, Sascha; Lange, Benjamin P., Huckauf, Anke (Hrsg.)

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